Theatergruppe Harriet Hope zu Besuch beim feministischen Dorfgeflüster

Veranstaltung

VERANSTALTUNGSBERICHTE

Emily Wernz

6/27/20223 min read

„Schau dich doch mal an, wie siehst du überhaupt aus? Wie läufst du herum? Du bist Hässlich!“

So sehen wir uns oft, wenn wir unseren Körper und dessen Makel betrachten, die anscheinend da sind. Wenn die Gesellschaft Menschen als Schön und Hässlich kategorisiert.

Zum 2-jährigen Geburtstag des “feministischen Dorfgeflüsters durften wir die Theatergruppe Harriet Hope in Fluorn begrüßen. Mimi Schwaiberger (Regisseurin) und Michelle Brubach (Schauspielerin) entwickelten das Stück “MEIN KÖRPER/MEIN SCHLACHTFELD”, in dem sie das Thema „Bodyshaming“ in etlichen Fassetten zur Geltung brachten.

„Bodyshaming - Was ist das?
Das ist Diskriminierung, Beleidigung, Mobbing oder Demütigung von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes“
In unserer Gesellschaft gibt es eine Norm des Aussehens. Eine Form von Schönheit, die sich immer wieder über Jahrzehnte ändert. So waren es in den 50er Jahren andere Regeln als es heute sind. Ebenso sind verschiedene Schönheitsideale kulturabhängig. Es können alle Menschen von Bodyshaming betroffen sein, unabhängig ihres Geschlechts. Das Theaterstück richtet den Blick auf Frauenkörper, da diese hauptsächlich von Bodyshaming betroffen sind. Bei weiblich gelesene Körper sollten eine große Priorität in ihrem Leben haben: - Schönheit – ein individueller Blick auf Schönheit hat in unserer Gesellschaft allerdings oft keinen Platz.

Michelle schlüpft in den insgesamt 70 Spiel-Minuten in die unterschiedlichsten Rollen. Sie nimmt das Publikum förmlich mit auf eine Zeitreise, auf der sie ältere Normen und Schönheitsideale betrachtet. Ihre Zeitreise unterbricht sie immer mal wieder als einfache Anne, die in ihrer neuen kurzen Hose auf einem Foto total fett aussieht und nicht weiß was sie falsch macht, da das Mädchen auf dem Werbeplakat viel schöner aussieht.

Ein Szenario hat die Zuschauenden besonders bewegt: Michelle spielt eine Frau, die auf einer Datingseite aktiv ist. Eine Sache über sich verrät sie erst im Laufe einer Unterhaltung mit einem Mann. Sie hat eine Behinderung und sitzt im Rollstuhl. Daraufhin reagieren ihre Chatpartner teils unterschiedlich.

Mal wird sie von vornherein blockiert, ein anderer ist total besessen von ihrer Behinderung und möchte darüber alles wissen. (Wenn Menschen eine Behinderung fetischisieren nennt man das Amelotatismus). Wenn wir von Bodyshaming sprechen geht es nicht nur um die Körperformen. Es geht um Körpergrößen, unsere Haut, unser Geschlecht oder Körper mit Behinderungen.

Was tun wir nicht alles, um schön auszusehen?

Sich schön fühlen zu wollen ist nichts Schlechtes. Es gehört auch zu unseren menschlichen Bedürfnissen. Wir wollen Menschen attraktiv finden und selbst als attraktiv wahrgenommen werden. Doch die Normen und Regeln haben so viel Macht über uns und unser eigenes Selbstwertgefühl. Wenn wir ständig mit unserem Aussehen beschäftigt sind, es zu optimieren, es als makellos darzustellen, verlieren wir den Blick auf unser wirkliches Ich. Was kann ich gut? Was gefällt mir, welche Leidenschaften habe ich? Was möchte ich in dieser Welt bewegen?

Nach der eindrücklichen Stunde versammelten sich die Zuschauenden zusammen in der Gruppe. Es wurden persönliche Geschichten über das eigene Bodyshaming geteilt. Auch das sogenannte Skin-Shaming - also die Diskriminierung von Haut - kam zur Sprache.

Der Wunsch wurde geäußert, dass das Theaterstück vielleicht mit etwas mehr “Empowerment” zu unserem eigenen Körper enden könnte. Dass es einen Fokus auf unsere “Makel” gibt, die schön und einzigartig sind.

Mimi und Michelle haben diese Ende bewusst nicht gewählt. Für sie ist es wichtig, dass unsere Priorität der Schönheit sich verändert. Dass es uns einfach auch manchmal egal ist, dass unser Fokus im Leben auf andere Dinge gerichtet wird. Dazu gibt es eine Bewegung, die sich Bodyneutrality nennt. (Einen Artikel dazu findet ihr hier: Body Shaming - Body Positivity - Body Neutrality - Raul Krauthausen). Suse Sauer spricht von einem Körperwettbewerb, den wir generell überdenken sollten.

Das Schlussappell des Stückes ist „Freiheit zur Normabweichung“. Wir alle Menschen sind divers. Lasst uns das zum Ausdruck bringen und zeigen wer wir wirklich sind – lasst uns unsere Normabweichungen zeigen.

Wir bedanken uns bei Mimi und Michelle, für diese eindrückliche und tolle Veranstaltung und freuen uns schon, was sie nächstes Jahr auf die Bühne bringen werden.

Die Scheune wurde von der Bruderhaus Diakonie gestellt

Unser Kernteam